Samstag, 08 Oktober 2016 18:11

Urbane Akupunktur in Ingolstadt | Künstlerin Anja Schoeller im Kunstverein

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AnjaSchoeller 8 348x395Wäre Ingolstadt ein Körper, wo wäre der Kopf, wo das Herz und wo tut es weh? Ist alles gut im Fluss in der Stadt, sind Energien blockiert und wie könnte man heilen? „Urbane Akupunkturen“ ist ein neues langfristiges Kunst-Projekt des Kunstvereins Ingolstadt und des Architekturforums, zu dem diese die Künstlerin Anja Schoeller eingeladen hatten.

"Wir brauchen dringend neue Modelle eines anderen Tuns zur Mitgestaltung unserer Umwelt und zur Formung der zukünftigen Gesellschaft." Anja Schoeller

Wie man mit Kunst viele Menschen aktivieren kann, Stadtteile beleben, Unorte bessern und Potenziale in einer Stadt heben kann, zeigte die Künstlerin in ihrem Impulsvortrag. Die Fürtherin arbeitet seit vielen Jahren zu sozialen und ökologischen Themen. Ihr Ansatz ist, neue Formen von Handeln und Denken zu entwickeln, im Feld zwischen Mensch – Ort – Kunst. Wasser ist ein Schwerpunkt ihres künstlerischen Werkes. Sie hat dazu im norddeutschen Völksen ebenso gearbeitet wie im äthiopischen Addis Abeba. Mit den Mitteln der Kunst geht sie vor Ort und gemeinsam mit den Menschen dort in die Betrachtung und Auseinandersetzung. Sie schöpft aus dem Bestehenden, um Neues zu schaffen - neue Erfahrungsräume, neues Bewusstsein für einen Ort, Gefühl für Verantwortung und Identifikation. Und so wurden städtische Treppen geflutet, Brunnen entdeckt und gebohrt, Theaterplattformen in Flüsse gebaut und vor allem: mit den Menschen zusammen gearbeitet. Mit Feuerwehren, Studenten und Inhaftierten, mit den Nachbarn der Kunstakademie, einem Altersstift, mit äthiopischen Kindern. Schoeller entdeckt zeitgenössische Kunst in leeren AEG-Hallen oder macht Flusswasser zu Trinkwasser. Und immer ist etwas von den Kunstaktionen geblieben, wurde das Projekt weitergeführt, wurden eigene Ideen daraus entwickelt. Das künstlerische Werk Anja Schoellers ist eine eindrucksvolle Antwort auf die Frage „Was kann Kunst?“. www.zwischenbericht.eu 

Die Idee der „urbanen Akupunktur“ setzte an diesem Abend auch neue Akzente in der allgegenwärtigen Diskussion um die Stadtentwicklung, in der auch die schlechten Nachrichten zu Audi (Schichtkürzungen und Einstellung der Planung für das neue IN-Campus-Gelände) eine Rolle spielten. Auf einem Stadtplan sollte schließlich markiert werden, wo man heilende Akupunkturnadeln setzen würde, wo gute Energien fließen oder gebraucht würden. Selbst so launige Fragen wo denn das für die medizinische Akupunktur wichtige Ohr sein könnte brachte Erkenntnis. Ist Audi der Kopf der Stadt, liegt dort gar das Atmungssystem, wie es eine Karte von Anja Schoeller vorschlägt. Soll man hier Nadelstiche setzen und wo würden diese positive Energien freisetzen? Sind Analogien zum Medizinischen überhaupt sinnvoll, gehört zur Besserung bzw. Heilung immer auch Schmerz? Können die schmerzhaften Entwicklungen in der Gewerbesteuer der Stadt vielleicht sogar ein positiver Impuls werden, wie macht man eine Chance aus einer Krise? In der Metapher einer urbanen Akupunktur stecken viele Chancen Ingolstadt mit anderen Wahrnehmungsmustern neu zu kartieren, mit anderen Sinnen in die Stadt zu gehen, neue Erfahrungsräume zu schaffen und auch um Stadtbewohner zur Teilhabe zu motivieren. Urbane Akupunktur könnte also  eine Sitzbank sein an einer neuen Blühwiese, der Rückbau einer Straße wie in der Wohnanlage an der Gerhart-Hauptmann-Straße, ein Kunstprojekt im Stadtteil oder eine künstlerische Intervention mit Wasser an der Schloßlände ...

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Urbane Akupunktur fordert zur Präzision auf und zu Gemeinschaft. Zum Denken und Handeln, dazu, Zusammenhänge herzustellen, den Raumkörper als viele interagierende Systeme von Nutzungen, Energien, Interessen, Ressourcen zu sehen und neu zu gestalten. Es gibt kein Ziel, es gibt den ersten Schritt und dann den Prozess, das Gehen, so Anja Schoeller.
Urbane Akupunkturen – mehr dazu! Der Kunstverein, so Vorsitzender Hubert Klotzeck (Bild unten), ist offen für Input, denn das Kunstprojekt soll langfristig geführt werden. Interesse oder Ideen dazu an den Kunstverein Ingolstadt Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!Petra Kleine

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